Einleitung
Der Gebäudesektor in Deutschland ist für etwa 35% des Energieverbrauchs und rund 30% der CO2-Emissionen verantwortlich. Eine Steigerung der Energieeffizienz in diesem Bereich ist daher unverzichtbar, um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen. Dieser Artikel beleuchtet die Potenziale zur Energieeinsparung im Gebäudesektor und stellt die wichtigsten staatlichen Förderprogramme vor, die Bauherren und Immobilieneigentümer bei der energetischen Modernisierung unterstützen.
Energieeffizienzpotenziale im Gebäudesektor
Der Gebäudebestand in Deutschland umfasst rund 19 Millionen Wohngebäude mit etwa 40 Millionen Wohnungen. Ein Großteil dieser Gebäude wurde vor der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 errichtet und ist daher energetisch nicht auf dem neuesten Stand. Hier liegen enorme Einsparpotenziale:
1. Wärmedämmung der Gebäudehülle
Eine umfassende Dämmung von Außenwänden, Dach und Kellerdecke kann den Heizenergiebedarf eines Gebäudes um bis zu 70% reduzieren. Moderne Dämmstoffe wie Mineralwolle, Polystyrol oder ökologische Materialien wie Zellulose, Hanf oder Holzfaserdämmung bieten dabei verschiedene Optionen für unterschiedliche Anforderungen.
Besonders bei Altbauten sind die Einsparungen durch eine nachträgliche Dämmung beträchtlich. Je nach Ausgangszustand und gewähltem Dämmstandard können hier Energieeinsparungen zwischen 30 und 80 kWh pro Quadratmeter und Jahr erreicht werden.
2. Fenster und Türen
Der Austausch alter Fenster gegen moderne Wärmeschutzverglasung reduziert nicht nur Wärmeverluste, sondern erhöht auch den Wohnkomfort durch weniger Zugluft und verbesserten Schallschutz. Dreifachverglaste Fenster mit einem U-Wert von unter 0,8 W/(m²K) bieten heute eine hervorragende Wärmedämmung.
Auch energetisch optimierte Haustüren und Kellertüren tragen zur Reduktion von Wärmeverlusten bei und sollten bei einer Sanierung berücksichtigt werden.
3. Heizungsanlagen
Der Austausch veralteter Heizungsanlagen durch moderne, effiziente Systeme birgt ein enormes Einsparpotenzial. Besonders der Umstieg von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien wie Wärmepumpen, Solarthermie oder Biomasseheizungen trägt zur CO2-Reduktion bei.
Eine Wärmepumpe in Kombination mit einer Photovoltaikanlage kann je nach Auslegung einen Großteil des Heizbedarfs CO2-neutral decken. Moderne Brennwertkessel arbeiten wesentlich effizienter als alte Heizungsanlagen und können als Übergangslösung oder in Hybridlösungen mit erneuerbaren Energien kombiniert werden.
4. Lüftungssysteme mit Wärmerückgewinnung
Kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung sorgt für einen kontinuierlichen Luftaustausch bei minimalen Wärmeverlusten. Bis zu 90% der Wärme aus der Abluft kann zurückgewonnen und zur Erwärmung der Frischluft genutzt werden. Dies verbessert nicht nur die Energieeffizienz, sondern auch die Luftqualität im Gebäude und beugt Schimmelbildung vor.
5. Intelligente Gebäudetechnik
Smart-Home-Systeme zur Steuerung von Heizung, Lüftung und Beleuchtung optimieren den Energieverbrauch und erhöhen den Wohnkomfort. Moderne Heizkörperthermostate können beispielsweise den Wärmebedarf raum- und zeitgenau regeln, Präsenzmelder schalten die Beleuchtung nur bei Bedarf ein, und vernetzte Systeme lernen aus dem Nutzerverhalten, um den Energieverbrauch zu senken.
Energieeffizienzniveaus und gesetzliche Vorgaben
Die energetischen Anforderungen an Gebäude werden in Deutschland durch das Gebäudeenergiegesetz (GEG) geregelt, das 2020 die Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengeführt hat. Das GEG definiert Mindestanforderungen an die Energieeffizienz von Neubauten und bei umfassenden Sanierungen.
Darüber hinaus gibt es verschiedene freiwillige Standards wie KfW-Effizienzhäuser, Passivhäuser oder Nullenergiehäuser, die deutlich bessere Energiekennwerte erreichen als gesetzlich vorgeschrieben.
KfW-Effizienzhausstandards
Die KfW-Effizienzhaus-Standards sind Referenzwerte für die energetische Qualität von Gebäuden und dienen als Basis für die Förderung durch die KfW-Bank. Sie beziehen sich auf den Primärenergiebedarf und den Transmissionswärmeverlust eines Referenzgebäudes nach GEG:
- KfW-Effizienzhaus 40 Plus: 40% des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes, zusätzlich mit Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Speicherung.
- KfW-Effizienzhaus 40: 40% des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes.
- KfW-Effizienzhaus 55: 55% des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes.
- KfW-Effizienzhaus 70: 70% des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes.
- KfW-Effizienzhaus 85: 85% des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes.
- KfW-Effizienzhaus 100: 100% des Primärenergiebedarfs des Referenzgebäudes (entspricht den Mindestanforderungen des GEG).
Ab 2025 wird der KfW-55-Standard zur gesetzlichen Mindestanforderung für Neubauten.
Staatliche Förderprogramme für energetische Gebäudemaßnahmen
Deutschland bietet verschiedene Förderprogramme, um Bauherren und Immobilieneigentümer bei energetischen Maßnahmen finanziell zu unterstützen. Die wichtigsten werden im Folgenden vorgestellt:
1. Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)
Die BEG fasst seit 2021 die wichtigsten Förderprogramme des Bundes für Energieeffizienz in Gebäuden zusammen. Sie gliedert sich in drei Teilprogramme:
- BEG Wohngebäude (BEG WG): Förderung für Neubau und Sanierung von Wohngebäuden zu Effizienzhäusern
- BEG Nichtwohngebäude (BEG NWG): Förderung für Neubau und Sanierung von Nichtwohngebäuden zu Effizienzgebäuden
- BEG Einzelmaßnahmen (BEG EM): Förderung einzelner energetischer Maßnahmen wie Heizungstausch, Dämmung, Fensteraustausch etc.
Die Förderung erfolgt durch Zuschüsse oder zinsgünstige Kredite mit Tilgungszuschüssen über die KfW-Bank (für BEG WG und BEG NWG) oder direkte Zuschüsse über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) (für BEG EM).
2. Heizungsförderung
Bei der Heizungsförderung gibt es besonders attraktive Konditionen für den Umstieg auf erneuerbare Energien:
- Bis zu 40% Förderung für den Einbau von Wärmepumpen
- Bis zu 35% Förderung für Biomasseheizungen (z.B. Pelletheizungen)
- Bis zu 35% Förderung für Solarthermieanlagen
- Zusätzlich 10% Bonus bei Austausch einer alten Ölheizung
- Zusätzlich 5% Bonus für eine umfassende Sanierungsplanung mit einem qualifizierten Energieberater
3. Steuerliche Förderung
Alternativ zur direkten Förderung können energetische Sanierungsmaßnahmen an selbstgenutztem Wohneigentum auch steuerlich geltend gemacht werden. Über einen Zeitraum von drei Jahren können 20% der Investitionskosten (maximal 40.000 Euro) von der Steuerschuld abgezogen werden.
4. Förderung der Energieberatung
Die qualifizierte Energieberatung ist ein wichtiger Schritt vor jeder energetischen Sanierung. Das BAFA fördert diese mit bis zu 80% der Beratungskosten, maximal 1.300 Euro für Ein- und Zweifamilienhäuser und bis zu 1.700 Euro für Mehrfamilienhäuser.
5. Regionale Förderprogramme
Zusätzlich zu den bundesweiten Programmen bieten viele Bundesländer, Kommunen und Energieversorger eigene Förderprogramme an, die oft mit den Bundesförderprogrammen kombiniert werden können. Diese regionalen Programme fördern beispielsweise spezifische Technologien oder Maßnahmen, die für die jeweilige Region besonders relevant sind.
Wirtschaftlichkeit energetischer Maßnahmen
Bei der Planung energetischer Maßnahmen stellt sich oft die Frage nach der Wirtschaftlichkeit. Die Rentabilität hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Energiepreisentwicklung
- Investitionskosten für die Maßnahmen
- Höhe der staatlichen Förderung
- Ausgangszustand des Gebäudes
- Geplante Nutzungsdauer
Eine umfassende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sollte neben den reinen Energieeinsparungen auch weitere Faktoren berücksichtigen:
- Wertsteigerung der Immobilie
- Verbesserter Wohnkomfort
- Reduktion des Instandhaltungsbedarfs durch moderne Bauteile
- Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern
- Klimaschutzbeitrag
In der Regel amortisieren sich energetische Maßnahmen über die Lebensdauer der Bauteile, insbesondere bei steigenden Energiepreisen und unter Berücksichtigung staatlicher Förderung.
Handlungsempfehlungen und praktische Tipps
Für Immobilieneigentümer und Bauherren, die energetische Maßnahmen planen, empfehlen wir folgende Vorgehensweise:
- Energieberatung in Anspruch nehmen: Ein qualifizierter Energieberater analysiert den Ist-Zustand des Gebäudes und entwickelt maßgeschneiderte Sanierungskonzepte.
- Individuelle Sanierungsfahrplan erstellen: Basierend auf der Beratung sollte ein langfristiger Plan entwickelt werden, der die Maßnahmen sinnvoll aufeinander abstimmt und in Prioritäten einteilt.
- Fördermöglichkeiten recherchieren: Vor Beginn der Maßnahmen sollten alle relevanten Förderprogramme recherchiert und Anträge gestellt werden. Wichtig: Die Förderanträge müssen vor Beginn der Maßnahmen gestellt werden!
- Qualifizierte Fachunternehmen beauftragen: Für die Umsetzung der Maßnahmen sollten Fachunternehmen mit Erfahrung im Bereich energetisches Bauen und Sanieren beauftragt werden.
- Qualitätssicherung einplanen: Durch Luftdichtheitstests, Thermografie und andere Verfahren kann die Qualität der umgesetzten Maßnahmen überprüft werden.
Fazit
Die Steigerung der Energieeffizienz im Gebäudesektor bietet enorme Potenziale für Klimaschutz, Energieeinsparung und die Reduktion von Betriebskosten. Durch die vielfältigen staatlichen Förderprogramme werden energetische Maßnahmen wirtschaftlich attraktiv. Eine durchdachte Planung und qualifizierte Umsetzung sind jedoch entscheidend für den Erfolg.
Angesichts steigender Energiepreise und zunehmender regulatorischer Anforderungen ist die Investition in die energetische Qualität von Gebäuden nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich zukunftssicher. Immobilieneigentümer sollten daher die Chance nutzen, ihre Gebäude mit staatlicher Unterstützung fit für die Zukunft zu machen.