Einleitung

Die Windenergie ist eine der wichtigsten Säulen der deutschen Energiewende. Als erneuerbare Energiequelle trägt sie maßgeblich zur Reduktion von CO2-Emissionen bei und ist entscheidend für das Erreichen der Klimaziele. In diesem Artikel betrachten wir den aktuellen Stand der Windenergie in Deutschland, analysieren die erzielten Fortschritte und beleuchten die Herausforderungen, die einem beschleunigten Ausbau im Wege stehen.

Die aktuelle Situation der Windenergie in Deutschland

Deutschland gehört weltweit zu den führenden Ländern im Bereich der Windenergie. Ende 2022 waren bundesweit über 28.000 Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von rund 58 Gigawatt in Betrieb. Diese Anlagen erzeugen jährlich etwa 132 Terawattstunden Strom, was etwa 24% des deutschen Stromverbrauchs entspricht.

Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt jedoch eine deutliche Verlangsamung des Ausbaus. Während in den Jahren 2014 bis 2017 noch jährlich 4 bis 5 Gigawatt Windleistung neu installiert wurden, sind die Zahlen danach deutlich zurückgegangen. 2019 wurden nur noch 1,1 Gigawatt zugebaut – der niedrigste Wert seit über 20 Jahren. Obwohl 2020 und 2021 wieder ein leichter Anstieg zu verzeichnen war, liegt der Zubau immer noch weit unter dem, was für die Erreichung der Klimaziele notwendig wäre.

Erfolge und Fortschritte

Trotz der Verlangsamung des Ausbaus gibt es einige positive Entwicklungen im Bereich der Windenergie:

  • Technologische Fortschritte: Die neueste Generation von Windkraftanlagen erreicht Nabenhöhen von über 160 Metern und Rotordurchmesser von mehr als 150 Metern. Diese Anlagen können auch an Standorten mit geringeren Windgeschwindigkeiten wirtschaftlich betrieben werden und erzielen höhere Volllaststunden.
  • Kostensenkung: Die Stromgestehungskosten für Windenergie sind in den letzten Jahren deutlich gesunken und liegen inzwischen bei 4 bis 8 Cent pro Kilowattstunde. Damit ist Windstrom eine der günstigsten Formen der Stromerzeugung geworden.
  • Repowering: Durch den Ersatz älterer, kleinerer Anlagen durch moderne, leistungsstärkere Turbinen konnte an vielen Standorten die Energieausbeute deutlich gesteigert werden, ohne zusätzliche Flächen in Anspruch zu nehmen.
  • Offshore-Ausbau: Die Windenergie auf See hat sich in Deutschland etabliert. Ende 2022 waren Offshore-Windparks mit einer Gesamtleistung von rund 8 Gigawatt in Betrieb.

Herausforderungen beim weiteren Ausbau

Trotz der erreichten Fortschritte steht der Ausbau der Windenergie in Deutschland vor erheblichen Herausforderungen:

  • Flächenverfügbarkeit: Die Ausweisung geeigneter Flächen für Windenergieanlagen ist ein langwieriger Prozess. Viele Bundesländer haben restriktive Abstandsregelungen eingeführt, die die verfügbaren Flächen stark einschränken.
  • Genehmigungsverfahren: Die Genehmigungsprozesse sind komplex und dauern oft mehrere Jahre. Umweltverträglichkeitsprüfungen, Artenschutzgutachten und Bürgerbeteiligungsverfahren sind wichtig, führen aber zu erheblichen Verzögerungen.
  • Bürgerproteste und Akzeptanz: An vielen Standorten gibt es lokalen Widerstand gegen neue Windparks. Bedenken bezüglich Lärm, Schattenwurf, Landschaftsbild und Auswirkungen auf die Tierwelt führen oft zu langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen.
  • Netzausbau: Der Ausbau der Übertragungsnetze hält nicht mit dem Ausbau der Windenergie Schritt. Dies führt dazu, dass Windkraftanlagen zeitweise abgeregelt werden müssen, weil der erzeugte Strom nicht abtransportiert werden kann.
  • Speichertechnologien: Die schwankende Einspeisung von Windstrom erfordert flexible Speicherlösungen, die bisher nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.

Politische Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus

Die Bundesregierung hat erkannt, dass der Ausbau der Windenergie beschleunigt werden muss, um die Klimaziele zu erreichen. Daher wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen:

  • Wind-an-Land-Gesetz: Das 2022 verabschiedete Gesetz sieht vor, dass bis 2032 zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie zur Verfügung stehen sollen. Die Bundesländer sind verpflichtet, entsprechende Flächen auszuweisen.
  • Beschleunigung der Genehmigungsverfahren: Durch Standardisierung und Digitalisierung sollen die Verfahren verkürzt werden. Außerdem wurden bestimmte Prüfschritte vereinfacht.
  • Stärkung der Bürgerenergie: Bürgerenergiegenossenschaften sollen gefördert werden, um die lokale Akzeptanz zu erhöhen und die wirtschaftlichen Vorteile der Windenergie breiter zu verteilen.
  • Ausbau der Offshore-Windenergie: Die Ausbauziele für Windenergie auf See wurden auf 30 Gigawatt bis 2030 und 70 Gigawatt bis 2045 erhöht.

Ausblick und Fazit

Die Windenergie wird auch in den kommenden Jahren eine tragende Säule der deutschen Energiewende bleiben. Um die Klimaziele zu erreichen, muss der jährliche Zubau jedoch deutlich gesteigert werden – auf etwa 10 Gigawatt pro Jahr. Dies erfordert entschlossenes politisches Handeln, schnellere Genehmigungsverfahren und eine breite gesellschaftliche Akzeptanz.

Die technologischen Voraussetzungen für einen beschleunigten Ausbau sind gegeben. Moderne Windkraftanlagen sind effizient und wirtschaftlich. Die größte Herausforderung liegt in der Überwindung administrativer und gesellschaftlicher Hürden.

Die Windenergie bietet große Chancen für Deutschland – nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch für die industrielle Wertschöpfung und die Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze. Es liegt nun an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, diese Chancen gemeinsam zu nutzen und die Herausforderungen zu bewältigen.